Avifaunistische
Kommission
der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft (NWO) |
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Vogel des Monats |
August 2008 |
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Sie kommen aus dem Süden: Die
Stelzenläufer Erfolgreiche Brut 2008 in Nordrhein-Westfalen Von Martin Brühne & Benedikt Gießing Es war nicht das erste Mal, dass ein Stelzenläufer (Himantopus himantopus) am Bienener Altrhein zwischen Rees und Emmerich am Niederrhein im Kreis Kleve gesichtet wurde. Aber Walter Hingmann sah dort vom Deich in Bienen aus am 22. Mai 2008 ein Paar und hatte nicht das Gefühl, dass sie dort nur rasten wollten. Er teilte die Beobachtung direkt dem Naturschutzzentrum im Kreis Kleve e.V. mit, und als Betreuer des Naturschutzgebietes ließen wir die Tiere seitdem kaum noch aus den Augen. In der Folgezeit wurde das Paar von vielen Ornithologen beobachtet und hat es auch im Internet schnell zu einer gewissen Berühmtheit (www.vogelmeldung.de und www.club300.de) gebracht. Die ersten Anzeichen für „Nestbau“ wurden am 24. Mai 2008 festgestellt. Am 26. Mai gelang unter anderem Peter Malzbender die Beobachtung, daß das Stelzenläufer-Weibchen tatsächlich mit der Eiablage begonnen hatte. Bruthabitat – Einfluss der Nutria Als Neststandort wurde ein Bereich gewählt, der in der Vergangenheit nicht zur Verfügung gestanden hätte. In den Jahren zuvor wurde der Althein in diesem Bereich von einem breiten Röhricht gesäumt. Durch die starke Zunahme der Nutria (Myocastor coypus) am Bienener Altrhein sind insbesondere die Rohrkolben-Bestände (Typha) im Uferröhricht intensiv befressen worden und dadurch stark zurückgegangen. So standen den Stelzenläufern zur Beginn der Brut breite Schlammflächen mit vereinzelten kleinen Rohrkolben-Resten zur Verfügung. An der Basis eines solchen „Typha-Inselchens“ wurde das Nest gebaut, relativ offen auf eine Schlammfläche vor dem Röhricht, in unmittelbarer Nähe zur Wassergrenze. Brut Vom 27. Mai an brüteten Männchen und Weibchen abwechselnd auf vier Eiern. Zur Nahrungssuche wurde in der Regel die unmittelbare Nestumgebung genutzt. Die ersten Küken schlüpften am 21. Juni 2008. Katharina Jahr, die am Naturschutzzentrum ihr „Freiwilliges Ökologisches Jahr“ leistet, sah an diesem Tag drei Pulli. Am nächsten Tag (22. Juni) konnte schließlich ein weiterer Pullus beobachtet werden. Von nun an hörte man ständig die Rufe der Altvögel und konnte sie bei ihren Attacken auf eine Vielzahl von Tierarten, die sich dem Nest zu sehr näherten, beobachten. Nicht nur Rabenkrähen, Mäusebussarde und Graureiher wurden attackiert, sondern auch Trauerseeschwalben, Löffelenten mit ihren Jungen und Kiebitze, die in Nestnähe brüteten, wurden energisch von den Jungen ferngehalten. Auch Nutrias, die zu Nahe kamen, wurden vertrieben. In der ersten Woche wurden die Pulli in mehr oder weniger kurzen Abständen immer wieder von einem der Elterntiere gehudert. Anfangs meist im alten Nest. Mit zunehmendem Alter der Vögel verringerte sich die Huderfrequenz. Sie fand nun auch vermehrt außerhalb des Nestes statt. Besonders in den frühen Morgenstunden liefen die Jungen zur Nahrungssuche gut sichtbar auf den Schlammflächen vor dem Röhricht umher und entfernten sich dabei häufig recht weit von den Elterntieren, die ihren Nachwuchs aber offensichtlich immer gut im Auge behielten. Auch eine Aufteilung der Jungen, sodass zwei vom Weibchen und zwei vom Männchen geführt wurden, konnte beobachtet werden. Später wurden die Jungen mehr in den ufernahen, höheren Röhrichtbereich geführt. Während der ganzen Zeit der Jungenaufzucht war die Stelzenläuferfamilie sehr ortstreu und entfernte sich maximal ca. 35m vom ursprünglichen Neststandort. Noch im Alter von fast drei Wochen suchten einige Jungvögel das alte Nest auf um darin zu ruhen. Am 24. Juli 2008 beobachtete ein Mitarbeiter des Naturschutzzentrums im Kreis Kleve, wie die ersten beiden Jungvögel mit dem Weibchen den Altrhein in Richtung Praest entlangflogen und zunächst nicht zurückkamen. Währenddessen kreiste das Männchen rufend über den beiden verbliebenen Jungvögeln. Es schien so als ob das Männchen die beiden zum Flug „überreden“ wollte. Anscheinend hatte er damit auch Erfolg, denn knapp zwei Stunden später wurden alle vier Jungvögel mit den Eltern etwa 500 m nördlich in der Nähe der Trauerseeschwalbenkolonie gesehen, wie sie auf einer Schlamminsel im Altrhein Nahrung suchten. Da offensichtlich alle vier Jungen flügge wurden, darf die Stelzenläuferbrut am Bienener Altrhein damit als überaus erfolgreich betrachtet werden. Fotos 1-3 Fotos 4-5 Filmaufnahme des Bienener Brutpaares (externer Link) Zweite Brut in NRW In Europa brüten Stelzenläufer hauptsächlich in den südlichen Ländern rund um das Mittelmeer und östlich des Schwarzen Meeres in Russland. In Jahren mit großer Trockenheit in Südeuropa kam es in der Vergangenheit vermehrt zu Einzelbruten in den Niederlanden, Belgien und vereinzelt in Norddeutschland (Glutz et al. 1977). Für Nordrhein-Westfalen handelt es sich bei der hier beschriebenen Brut erst um den zweiten nachgewiesenen Versuch von Stelzenläufern überhaupt. Die erste Brut konnte vor 22 Jahren im Kreis Coesfeld festgestellt werden (Beobachter: V. Giehr, M. Speckmann, W. Vest u.a.). Dort hielt sich ein Paar vom 20. Mai bis 18. August 1986 bei Nottuln-Appelhülsen auf, das erfolgreich einen Jungvogel aufzog. Dieser Brutnachweis ist vom damaligen Bundesdeutschen Seltenheitenausschuss anerkannt worden (BSA 1989). Die diesjährige Brut am Bienener Altrhein war zwar „lediglich“ die zweite in NRW, aber mit vier flüggen Jungvögeln bisher auf jeden Fall die erfolgreichste! Stelzenläufer in der „Nachbarschaft“ Im Zusammenhang mit der Brut des Stelzenläufers am Bienener Altrhein ist es bemerkenswert festzustellen, daß es in Belgien und den Niederlanden bereits im April zu einem Einflug von einigen Stelzenläufern gekommen war (Driessens et al. 2008). In Belgien erfolgten in diesem Monat in 12 verschiedenen Gebieten Beobachtungen von Stelzenläufern, wobei maximal 12 Individuen an einem Ort festgestellt werden konnten. In den Niederlanden verteilten sich die Beobachtungen einzelner Stelzenläufer auf 17 Gebiete. Ebenfalls hervorzuheben ist die Brut eines Stelzenläufer-Paares in diesem Jahr in Großbritannien (Gregory 2008). Trotz aufwendiger Schutzmaßnahmen wie der Errichtung eines elektrischen Zaunes um den Nestbereich zur Abschreckung von Bodenfeinden gelang es den drei geschlüpften Pulli allerdings nicht flügge zu werden. Zwei verschwanden bereits in der ersten Nacht, und der verbliebene Jungvogel fiel nach etwa drei Wochen mit großer Wahrscheinlichkeit einem Prädator zum Opfer. Die einzigen dokumentierten erfolgreichen Brutversuche in Großbritannien stammen aus den Jahren 1945 (3 Junge) und 1987 (2 Junge). Danksagung: Wir möchten uns bei Stefan Sudmann, Norbert Uhlhaas und Hendrik Weindorf, deren Fotos wir nutzen dürfen, für die freundliche Unterstützung bedanken. Ebenso danken wir den zahlreichen Beobachtern, die uns ihre Beobachtungen mitgeteilt bzw. über die Meldungen im Internet allgemein zur Verfügung gestellt haben. Literatur: Bundesdeutscher Seltenheitenausschuss (1989): Seltene Vogelarten in der Bundesrepublik Deutschland von 1977 bis 1986. Limicola 3: 157-196. Driessens, G., R. Slaterus & van der Spek, V. (2008): Recente meldingen. Dutch Birding 30: 201-210. Glutz v. Blotzheim, U.N., K.M. Bauer & E. Bezzel (1977): Handbuch der Vögel Mitteleuropas Band 7, Wiesbaden. Gregory, J. (2008): The Black-winged Stilt nesting in Cheshire. Birding World 21: 250-251. Anschriften der Verfasser: Dr. Benedikt Gießing, Ludwig-Berg-Str. 6, 50354 Hürth Martin Brühne, Naturschutzzentrum im Kreis Kleve e.V., Niederstr. 3, 46459 Rees-Bienen, www.nz-kleve.de |
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