Avifaunistische
Kommission
der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft (NWO) |
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Vogel des Monats |
November 2007 | |
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Kam sie aus dem Norden? Die
Elfenbeinmöwe Von Eckhard Möller Wahrscheinlich soll es Eisbärenkot sein, an dem der Vogel gerade gelandet ist. Die schneeweiße mittelgroße Möwe mit den schwarzen Beinen und den schwarzen Knopfaugen scheint sich gerade sehr für die dunkle Masse zu interessieren. Der Präparator, der die Szene gestaltet hat, hat gute Arbeit geleistet: Die adulte Elfenbeinmöwe (Pagophila eburnea) in der Sammlung des Landesmuseums für Naturkunde in Münster sieht aus, als würde sie leben. Nur das arktische Eis fehlt… Foto 1 Eins von vielen hundert Vogelpräparaten in der Sammlung, könnte man meinen. Nichts Besonderes – wenn da nicht das Pappschild an ihrem Fuß wäre! „4. Januar 1972“ ist dort zu lesen und „Kellinghausen“, das scheint wie üblich der Fundort zu sein. Axel Müller von der damaligen Avifaunistischen Kommission der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft (NWO) stolperte geradezu über dieses Wort, als er bei Recherchen zu einer Liste der Vögel von NRW vor einigen Jahren das Münsteraner Museum mit seiner berühmten Sammlung besuchte. Kellinghausen ist ein Dorf in der Nähe von Rüthen im Kreis Soest in Westfalen. Anfang der 1970er Jahre eine Elfenbeinmöwe in Westfalen, als die dicke „Avifauna von Westfalen“ unter dem Herausgeber Josef Peitzmeier gerade erschienen war? Von einem heftigen Wintersturm ins Land geblasen? Und keiner der damals aktiven Beobachter des Landes hat es gewusst oder später davon erfahren? Unmöglich ist das nicht, wie zahlreiche Beispiele aus der Geschichte seltener Vögel in Museen oder auf Fotos von Nicht-Ornithologen zeigen. Müllers Nachfragen bei Mitarbeitern des Museums führten zu keinem befriedigenden Ergebnis. Die Ungewissheit blieb und nervte… Es wäre die erste und einzige Elfenbeinmöwe des ganzen Landes. Erst im letzten Jahr brachte ein Gespräch mit Heinz-Otto Rehage, jetzt schon seit einer Reihe von Jahren Pensionär in Münster, die gewünschte Klarheit. Rehage war vorher jahrzehntelang Leiter der Biologischen Station Heiliges Meer im Kreis Steinfurt gewesen, seit den 1950er Jahren naturkundlich in Westfalen aktiv und sicher der beste Kenner der Münsteraner Vogelsammlung. Er berichtete, dass der damalige Leiter des Naturkundemuseums Dr. Ludwig Franzisket (1917-1988) die Elfenbeinmöwe Anfang der 1970er Jahre für eine neue Ausstellung habe kaufen lassen. Sie stamme von dem Präparator Rathjen in Schleswig-Holstein, in Kellinghusen oder so. Wie der damals an das Tier gelangt ist, sei in Münster nicht bekannt. Ein Buchstabe Differenz zwischen Kellinghausen und Kellinghusen hatte also die ganze Aufregung verursacht… War leider nichts mit einer westfälischen Elfenbeinmöwe! Fotos 2 und 3 Die – wenn sie erwachsen sind – schneeweißen Elfenbeinmöwen brüten im Eis des Nordpolgebiet bis etwa Grönland und Spitzbergen und bleiben erstaunlicherweise wohl auch im Winterhalbjahr dort hoch oben im Norden. Sie gelten als ein Vogel des Packeisgürtels. Das dürfte der Grund sein, dass sie in Mittel- und Westeuropa nur extrem selten gesehen werden. Selbst in Großbritannien, dem Land mit der höchsten Beobachterdichte, werden sie nicht einmal in jedem Jahr nur sehr vereinzelt gefunden. Auch in den Niederlanden, die ja fast nur aus Küste bestehen, sind erst 3 Elfenbeinmöwen nachgewiesen worden, die erste davon, eine vorjährige, erstaunlicherweise erst im Februar 1987 auf Schiermonnikoog und die zweite vom 9. bis 19. Februar 1990 bei Stellendam (ebenfalls ein K2-Vogel). Die Dritte – auch im zweiten Kalenderjahr - ist am 17. Mai 1997 bei Egmond aan Zee entdeckt worden, hatte dort aber wohl schon seit dem 10. Mai an einem toten Schweinswal gefressen (Argeloo 1998, van den Berg & Bosman 1999). Sehr wahrscheinlich derselbe Vogel wurde nach dem 21. Mai in Deutschland an verschiedenen Stellen bei St Peter-Ording, auf der Westerhever Sandbank, im Süderhafen von Pellworm und bei den Halligen Gröde und Habel an der Küste von Schleswig-Holstein gesehen, bis er dann am 9. Juni 1997 auf der Hallig Langeneß tot am Strand lag. Das Präparat wird im Sönke-Nissen-Haus in Husum aufbewahrt. Fotos 4 und 5 Diese Elfenbeinmöwe war erst der zweite belegte Nachweis in Deutschland; der erste war eine, die 1980 auf Sylt gestorben ist. Davor gab es offensichtlich nur zwei Meldungen aus dem 19. Jahrhundert und drei von 1963 (DSK 2000). Unser Nachbar-Bundesland Niedersachsen hat trotz seiner langen Küstenlinie auch noch keine Elfenbeinmöwe auf seiner Landesliste. In dem Möwen-Band von „Die Vögel Niedersachsens“ (Zang et al. 1991), in dem alle Nachweise seltener Arten sehr sorgfältig aufgelistet sind, ist die Art gar nicht aufgeführt. Die Chancen, dass eine Elfenbeinmöwe gesehen wird, stehen allerdings für Niedersachsen erheblich besser als für uns im küstenlosen NRW. Das müssen wir neidisch zugeben. Die Zukunft sieht nicht so gut aus für diese seltsamen Möwen aus dem Packeis, die im Jugendkleid so wirken, als hätten sie sich ihr Gesicht beim Fressen vollgeschmiert. Die mit Macht anrollende Klimaerwärmung lässt das Eis der Arktis schmilzen… Danksagung: Ich bedanke mich bei Heinz-Otto Rehage und Dr. Heiner Terlutter vom Landesmuseum für Naturkunde in Münster und bei Thomas Kuppel (Bremen) für die freundliche Unterstützung und bei Axel Müller für den Hinweis auf die Möwe. Literatur: Argeloo, M. (1998): Ivoormeeuw langs Nederlandse en Duitse kust in mei-juni 1997. Dutch Birding 20, S. 275-278. Deutsche Seltenheitenkommission (2000): Seltene Vogelarten in Deutschland 1997. Limicola 14, S. 273-340). Peitzmeier, J. (1969): Avifauna von Westfalen. Münster. Van den Berg, A.B. & C. Bosman: Rare birds of the Netherlands. Utrecht 1999. Zang, H., G. Großkopf & H. Heckenroth (1991): Die Vögel Niedersachsens und des Landes Bremen. Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen, Sonderreihe B Heft 2.6. Hannover. www.bbrc.org.uk Anschrift des Verfassers: Eckhard Möller, Stiftskamp 57, 32049 Herford |
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