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VdM 02/2011

Die Schwarzflügel-Brachschwalbe von Kranenburg

Von Jeroen Helmer

Die Seeschwalben, Schwalben und Mauersegler waren schon lange weg, und es gab nur noch Vögel, die in gerader Linie von A nach B flogen. Es war der 15. November 1981. Ich hatte eine Runde durch die Düffelt im Kreis Kleve gemacht, als ich direkt nördlich von Kranenburg im Winkel Bundesstraße 9 und Tiggelstraße (K2) plötzlich eine seltsame Beobachtung machte: Da war ein Luft-Tanz von einem falkenartigen Vogel, offenbar auf der Jagd nach Insekten! Es war mir überhaupt unbekannt, dass es noch immer Insekten geben konnte im November.

Zeichnungen: Die Schwarzflügel-Brachschwalbe von Kranenburg (Jeroen Helmer)

Es war sehr schön, die Hin- und Her-Flüge aus der Nähe anzuschauen. Der untersetzte Körper, der Kontrast zwischen weißem Bauch und schwarzen Unterflügeln, die ziemlich dunkle Oberseite mit weißem Hintern und kurzen schwarzen Schwanzspießen – alles war deutlich zu sehen.

Nach einiger Zeit ging der Vogel runter zwischen eine Gruppe von Kiebitzen. Dabei waren auch sehr schön die völlig schwarzen Flügelunterseiten zu sehen. Rund zehn Minuten lang hatte ich ihn aus einem Abstand von rund 30 Metern im Blick und konnte gut alle Details beobachten: Das dunkle Brustband, die helle Kehle, der krumme Schnabel und sogar einen dunklen Fleck hinter dem Auge. Auch hatte er das schuppige Federkleid eines Jungvogels. Es war zu meiner großen Freude ganz klar eine Schwarzflügel-Brachschwalbe Glareola nordmanni.

Nach etwa einer halben Stunde flog sie ab. Später am Tag habe ich noch mit meinem Bruder zusammen versucht, sie wiederzufinden, aber ohne Erfolg.

Leider konnte ich die Brachschwalbe nicht fotografieren, weil ich keine Ausrüstung dabei hatte. In den Skizzen, die ich im Gelände anfertigen konnte, ist deutlich zu sehen, dass ich damals offenbar den Eindruck hatte, sie habe Schwimmhäute!

Die Kranenburger Schwarzflügel-Brachschwalbe war erst der zweite Nachweis dieser südöstlichen Art in Nordrhein-Westfalen. Die erste hatten am 27. November 1973 W. Thomas und F. J. Caspers in der Feldflur Escher Gewahr zwischen Elsdorf (Rhein-Erft-Kreis) und Steinstraß (Kreis Düren) entdeckt (Mildenberger 1982). Die Beobachtung war vom Seltenheiten-Ausschuss der Gesellschaft Rheinischer Ornithologen (GRO) anerkannt worden (Wolters 1979).

Die Schwarzflügel-Brachschwalbe vom 15. November 1981 wurde vom damaligen Bundesdeutschen Seltenheitenausschuss anerkannt (BSA 1989). Zwischen 1977 und 2008 sind in Deutschland nur 13 ausreichend dokumentierte und anerkannte Schwarzflügel-Brachschwalben beobachtet worden – gegenüber 24 der Schwesterart mit den roten Unterflügeln (Tautz et al. 2010).

Eine Schwarzflügel-Brachschalbe in Deutschland: Cecilienkoog, Schleswig-Holstein, August 2006 (Foto: Peter Niemann)

Es ist jetzt ziemlich genau 30 Jahre her, seit die letzte Schwarzflügel-Brachschwalbe in Nordrhein-Westfalen gesehen wurde. Es wird also allerhöchste Zeit für die nächste. Die Entdeckung eines solchen noch spät im Jahr Insekten jagenden falkenartigen Vogels irgendwo in der Feldflur würde für mächtig Aufregung unter den Vogelbeobachtern sorgen. Der Landesteil Westfalen wartet schon lange darauf…

Literatur

Bundesdeutscher Seltenheitenausschuss (1989): Seltene Vogelarten in der Bundesrepublik Deutschland von 1977 bis 1986. Limicola 3: 157-196.

Mildenberger, H. (1982): Die Vögel des Rheinlandes, Band 1. Düsseldorf.

Tautz, S., T. Epple & I. Weiß (2010): Neue Nachweise der Rotflügel-Brachschwalbe Glareola prantincola und der Schwarzflügel-Brachschwalbe G. nordmanni in Bayern. Otus 2: 20-27.

Wolters, H. E. (1979): Nachweise seltener Vogelarten aus dem Rheinland. Charadrius 15: 17-21.

Anschrift des Verfassers:

Jeroen Helmer

Korenbloemstraat 22

NL-6542 NJ Nijmegen

Niederlande