AviKom der NWO Rotating Header Image

VdM 08/2014

Vogel des Monats August 2014 – Die Kalanderlerche von Mülheim

Von Eckhard Möller

Es ist nur eine kleine Notiz in einer kurzgefassten Zusammenstellung von toten Vögeln, die J. Ruhl 1852 in der Zeitschrift „Naumannia“ veröffentlichte. Er hatte mehrere der damals üblichen Balgsammlungen lokaler Naturforscher im Raum Köln angeschaut und ausgewertet. In einer davon fand er eine ausgestopfte „Alauda calandra“, eine Kalanderlerche (Melanocorypha calandra). Sie war in der Umgebung von Mülheim am Rhein (heute Köln) geschossen und dann präpariert worden.

Ob das Präparat heute noch existiert, ist unwahrscheinlich und nicht bekannt. Es ist die bis heute einzige Kalanderlerche von Nordrhein-Westfalen.

Seltsam und derzeit nicht zu erklären ist, dass die Mülheimer Kalanderlerche in Mildenbergers Avifauna „Vögel des Rheinlandes“ fehlt. Vielleicht ist es darauf zurückzuführen, dass Otto le Roi, auf dessen „Vogelfauna der Rheinprovinz“ (1906) Mildenberger sich oft beruft, bei der Lerche ohne weitere Erklärungen schreibt. „…nehme ich Anstand, die Art daraufhin im Verzeichnis der rheinischen Vögel mitzuzählen, da es sich jedenfalls um ein der Gefangenschaft entflohenes Stück handelt“.  Ob oder woher le Roi Detailkenntnisse über die mehr als 50 Jahre vorher getötete Lerche hatte, obwohl er die lokale  Vogelsammlung in Köln gar nicht kannte, bleibt rätselhaft.

Im „Handbuch der Vögel Mitteleuropas“ (Glutz 1985) sind nur 10 Nachweise aus Deutschland aufgeführt, darunter der Kölner.

Peter Herkenrath (1995) hat sie in seine „Artenliste der Vögel Nordrhein-Westfalens“ in die Kategorie B (= vor 1950) übernommen.

Aus Niedersachsen konnte Zang (in Zang & Heckenroth 2001) auch nur einen einzigen Nachweis einer Kalanderlerche aufführen: Um 1894 wurde bei Meppen eine geschossen, deren Balg dann in die Sammlung des dortigen Gymnasiums kam.

Radomski (2009) nennt aus Schleswig-Holstein und Hamburg ein Männchen, das 1896 bei Othmarschen geschossen wurde, und ein Individuum, das am 15. April 1976 auf Sylt beobachtet werden konnte. Auf Helgoland wurde eine am 27. Juli 1892 geschossen, eine weitere am 8. Juni 1933 beobachtet (Dierschke et al. 2011).

Bei unseren niederländischen Nachbarn sind bisher 5 Kalanderlerchen nachgewiesen worden, die erste am 10. Oktober 1980 bei Castricum. Dann folgten weitere Beobachtungen am 16. Mai 1988 Texel, 25. Mai 2005 Eemsmond und gleich zwei im Jahr 2011, am 29. April bei Hellendoorn und am 8. Mai auf Texel (www.dutchavifauna.nl).

Abb. 1 und 2: Kalanderlerche, Extremadura/Spanien Mai 2009; Fotos: Christoph Moning.

Literatur

Dierschke, J., V. Dierschke, K. Hüppop, O. Hüppop & K. F. Jachmann (2011): Die Vogelwelt der Insel Helgoland. Helgoland.

Glutz von Blotzheim, U. (1985): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 10. Wiesbaden.

Herkenrath, P. (1995): Artenliste der Vögel Nordrhein-Westfalens. Charadrius 31: 101-108.

Mildenberger, H. (1984): Die Vögel des Rheinlandes, Band 2. Düsseldorf.

Radomski, U. (2009): Seltene Vogelarten in Schleswig-Holstein und Hamburg. Neumünster.

le Roi, O. (1906): Die Vogelfauna der Rheinprovinz. Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der preußischen Rheinlande und Westfalens 63: 1-325.

Ruhl, J. (1852): Etwas über die in der Umgegend von Mülheim am Rhein bei Cöln vorkommenden Vögel. Naumannia 2: 51-54.

Zang, H. & H. Heckenroth (Hg.) (2001): Die Vögel Niedersachsens und des Landes Bremen – Lerchen bis Braunellen. Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen, Sonderreihe B Heft 2.8. Hannover.

www.dutchavifauna.nl

Anschrift des Verfassers:

Eckhard Möller

Stiftskamp 57

32049 Herford