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10/2019

Der Rosenstar von der Woeste

Von Martin Wenner

Am Montag, den 2. September 2019, wurde in der Woeste, einem kleinen Naturschutzgebiet zwischen Bad Sassendorf und Lippetal im Kreis Soest, ein Sichelstrandläufer gemeldet. Am folgenden Tag meinte meine Frau nachmittags, dass wir doch den Strandläufer in der Woeste suchen könnten.

Gesagt, getan. Eine Dreiviertelstunde später waren wir an Ort und Stelle. Der Vogel war für den Südostteil des Gebietes angegeben. Also begannen wir dort mit der Suche. Von einem Sichelstrandläufer war weit und breit nichts zu sehen. Wir fanden einen jungen Grünschenkel, einige Bekassinen, einen diesjährigen Kampfläufer und ca. 50 Kiebitze. 12 Graureiher standen ziemlich teilnahmslos am Wasserrand.
Zwischen den Kiebitzen, die sich in der Nähe zum Kampfläufer aufhielten, wuselten einige Stare herum. Immer wieder flogen kleine Trupps dazu. Wir schenkten ihnen wenig Aufmerksamkeit und beobachteten wohl parallel – meine Frau per Fernglas und ich durch den Sucher der Kamera – den Kampfläufer, als wir beide nahezu gleichzeitig den kleinen hellen Vogel unmittelbar vor dem Kampfläufer stehend sahen.
Er lief immer wieder auf einen Kiebitz zu, der ihn prompt jedes Mal wieder verscheuchte, zum Glück jeweils nur um ein kleines Stück. So konnte ich einige Fotos machen. Ich zoomte den Vogel auf dem Display heran. Mir schoss sofort Rosenstar durch den Kopf. Wir hatten diese Art noch nie, weder im Jugendkleid noch als adulter Vogel, live gesehen. Ich konnte mich aber gut an einige Fotos erinnern, die ich zumindest von juvenilen Rosenstaren gesehen hatte.

   

Abb. 1-3: Junger Rosenstar NSG Woeste SO 3. September 2019.
Fotos: Martin Wenner

Da der Vogel relativ weit entfernt war – die später im Internet nachgemessene Entfernung betrug ziemlich genau 150 Meter – schoss ich noch weitere Bilder (Abb. 1-3). Mit dem Smartphone schickte ich ein Foto vom Display der Kamera an einen befreundeten Ornithologen. Ganz spontan kam die Antwort, dass es auch nach seiner Meinung zumindest zu 95% ein Rosenstar (Sturnus roseus) sei.
12 Minuten konnten wir den Vogel beobachten, dann flog er gemeinsam mit einem kleinen Trupp Stare nach Süden ab. Wir suchten ihn dann zwischen den Staren auf den angrenzenden Feldern. Die Nachsuche blieb aber erfolglos.

Zuhause angekommen wurden die Fotos auf den Rechner ausgewertet und anschließend mit den Abbildungen im Bestimmungsbuch verglichen. Kein Zweifel…..die dunkel abgesetzten Flügel, der helle gelbe Schnabel, sowie der helle „isabellfarbene Grundton“ unterschieden ihn deutlich von einem jungen Star. Das musste ein junger Rosenstar sein.
Wie wir später erfuhren, konnte der nun sicher bestimmte Rosenstar am folgenden Nachmittag fast an derselben Stelle, an der wir ihn entdeckt hatten, noch einmal gesehen werden.

Der Rosenstar von der Woeste wurde von der Avifaunistischen Kommission der NWO anerkannt (www.nwo-avi.com). Es ist der erste Rosenstar in Nordrhein-Westfalen seit 2015, erst der elfte Nachweis überhaupt und erst der zweite sichere im 1. Kalenderjahr (AviKom 2017).

Die Identifizierung von jungen Rosenstaren sollte eigentlich keine großen Probleme bereiten. Wichtig ist aber immer, fehlfarbene Stare (Sturnus vulgaris) auszuschließen, wie etwa das leukistische Individuum, das Bernhard Glüer im September 2018 bei Fröndenberg fotografieren konnte (Abb. 4).

Abb. 4: Leukistischer Star (Sturnus vulgaris) Fröndenberg-Ostbüren UN

8. September 2018.
Foto: Bernhard Glüer

Danksagung: Mein Dank geht an Bernhard Glüer, der das interessante Foto des fast weißen Stars zur Verfügung gestellt hat.

Literatur
Avifaunistische Kommission der NWO (2017): Seltene Vögel in Nordrhein-Westfalen. LWL-Museum für Naturkunde, Münster.

Anschrift des Verfassers:
Martin Wenner
St.-Georg-Str. 17
59457 Werl