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VdM 08/2016

Der Seidensänger von Monheim

Von Peter Michel

Es war gegen Mittag am 11. Juni 2016, als ich mit dem Fahrrad in der Rheinaue bei Monheim (Kreis Mettmann) unterwegs war. Auf Grund des Hochwassers war der Radweg dann gesperrt, und ich musste anhalten und umkehren. Da hörte ich plötzlich den typischen unverwechselbaren und eindeutigen Gesang eines Seidensängers !

Gesang des Seidensängers von Monheim. Aufnahme: Kai Kruse

Gleichzeitig war auch ein Sumpfrohrsänger in unmittelbarer Nähe aktiv.

Abb. 1, 2: Seidensänger-Habitat Rheinaue Monheim Juli 2016 (nach der Mahd). Fotos: Kai Kruse

Nur einen kurzen Moment rätselte ich, ob er wohl diesen Gesang imitieren könnte? Nein, er brachte seine typischen Strophen, und der Seidensänger (Cettia cetti) war erneut mit seinem relativ lauten explosionsartigen Gesang zu hören. Insgesamt hat er in einer halben Stunde drei Mal gesungen (Aufnahme 1).

In der dichten Vegetation war der Vogel nicht zu sehen (Abb. 1 und 2). Auch ein Standortwechsel brachte keine Möglichkeit, näher an den Vogel heranzukommen. Hochstauden und das dichte Weidengebüsch waren teilweise noch durch das Rheinhochwasser der letzten Tage flach überflutet.

Als die Meldung des Seidensängers am 11. Juni über www.ornitho.de verbreitet worden war, stieß sie offenbar auf Misstrauen, denn erst drei Tage später versammelten sich weitere Birder in der Rheinaue und konnten den kleinen rotbraunen Vogel bestätigen, aber nur akustisch. Nur wenigen Beobachtern gelang später eine kurze Sichtung im Sekundenbereich. Fotos gibt es offenbar keine. Die letzte Bestätigung erfolgte am 21. Juni; möglicherweise wurde er am 27. Juni noch einmal kurz gehört.

Abb. 3, 4: Seidensänger Mallorca Oktober 2010. Fotos: Christoph Moning

Der Seidensänger von Monheim wurde von der Avifaunistischen Kommission der NWO anerkannt. Es war erst der vierte Nachweis dieser südlichen Sängerart in Nordrhein-Westfalen. Die ersten drei waren:

11. April – 29. Juni 1975 Mönchengladbach-Wickrath, singend, gefangen und beringt (Willi Heinen, Peter Mäurer, Wolfgang von Kannen) (Heinen, Mäurer & von Kannen 1976). Der Vogel wurde am 13.4.1975 beringt, ein Jahr später dann am 17.4.1976 in Brüssel/Belgien kontrolliert (Mildenberger 1984).

10. Mai – 4. Juni 1976 (wahrscheinlich 12. April – 17. August 1976) Broichbachtal zwischen Alsdorf und Herzogenrath AC (Gerhard Moll, Karl Gluth, Josef Jossen, Rolf Hennes, Michael Hennes, Heribert Schwarthoff, Hans Abels) (Mildenberger 1984).

18. Juli 1991 Lippe bei Lünen-Heikenbergsiedlung UN (Andreas Buchheim, Alfons Pennekamp) (Buchheim 2010).

Nach fast genau 25 Jahren wurde es auch allerhöchste Zeit für einen weiteren Seidensänger in unserem Bundesland…

Es ist eigentlich sehr erstaunlich, dass erst derart wenige Seidensänger in Nordrhein-Westfalen nachgewiesen wurden. Bei unseren Nachbarn in den Niederlanden ist das deutlich anders: Allein im Gebiet von Biesbosch in Noord-Brabant/Zuid-Holland stieg die Zahl der singenden Männchen von einem in 2006 auf 745 in 2015 (Lawicki & van den Berg 2015).

Danksagung: Mein Dank geht an Kai Kruse und Christoph Moning für die eindrucksvollen Fotos und an Kai Kruse für die Tonaufnahme des Gesangs.

Literatur

Buchheim, A.: Der Seidensänger von Lünen. Vogel des Monats Juni 2010. www.nwo-avi.com

Buchheim, A. (2010): Der Seidensänger von Lünen. Vogel des Monats Juni 2010. Charadrius 46: 216 – 217.

Heinen, W., P. Mäurer & W. von Kannen (1976): Nachweis eines Seidensängers bei Wickrath. Charadrius 12: 34.

Lawicki, L. & A. van den Berg (2015): WP reports. Dutch Birding 37: 403-420.

Mildenberger, H. (1984): Die Vögel des Rheinlandes, Band 2. Düsseldorf.

Anschrift des Verfassers:

Peter Michel

Rosenweg 26

42929 Wermelskirchen