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VdM 05/2019

Der Feldrohrsänger von Münster

Von Michael Klein

In der Abenddämmerung des 18. Septembers 2016 wurde im Rahmen des Monitorings schilfbewohnender Singvögel ein Schlafplatzfang in den ausgedehnten Schilfzonen der Rieselfelder Münster durchgeführt. Ziel waren die Wiesenschafstelzen, die sich zwischen Juli und September allabendlich in großer Zahl im Gebiet zur Übernachtung sammeln. In den Wochen vorher konnten bereits über 1200 Individuen und einige nordische Schafstelzen gefangen und beringt werden, so dass die Erwartungen entsprechend groß waren.

Leider blieben die Wiesenschafstelzen an diesem Abend aus. Dafür konnte eine außergewöhnliche Rarität gefangen und anschließend beringt werden. Bereits bei der Kontrolle der für die Beringung aufgestellten Netze fiel ein Rohrsänger durch seinen ungewöhnlich auffälligen und weit hinter das Auge reichenden Überaugenstreif und die vergleichsweise kurzen Flügel auf, was ihn sofort von den häufig im Gebiet vorkommenden Teich- und Sumpfrohrsängern unterschied.

Schnell fiel der Verdacht auf den Feldrohrsänger (Acrocephalus agricola), was sich bei der anschließenden genaueren Betrachtung und Vermessung des Vogels bestätigte.  Wegen der Besonderheit dieses Nachweises wurde telefonisch die Unterstützung der Kollegen von der Inselstation der Vogelwarte Helgoland hinzugezogen. Nachdem ich einige Fotos und die Maße durchgegeben hatte, stand die Bestimmung schließlich fest (Abb. 1-6). Jochen Dierschke und Klaus Müller (Inselstation Helgoland) sei an dieser Stelle für die Unterstützung gedankt.

 

Abb. 1-6: Der Feldrohrsänger von Münster: Deutlich erkennbar ist der auffällige Überaugenstreif. Fotos: Michael Klein 18. September 2016

Nach der Beringung wurde der Feldrohrsänger wieder freigelassen. Er konnte danach aber nicht mehr im Gebiet beobachtet oder wiedergefangen werden.

Der Feldrohrsänger ist eine mittel- und zentralasiatische Rohrsängerart, die im Herbst nach Süden in Richtung Iran/Indien zieht und in Mittel- und Westeuropa entsprechend nur sehr selten nachgewiesen werden kann (Shirihai & Svensson 2018). Es handelt sich bei dem hier gefangenen Vogel um den zehnten Nachweis dieser Art in Deutschland (DAK 2018).

Vier Mal wurde der Feldrohrsänger auf der Insel Helgoland nachgewiesen (1864, 1993, 2005, 2006), zweimal auf Mettnau am Bodensee (1994, 2008) und je einmal auf der Greifswalder Oie (1996), in Gotha (2000) und auf Sylt (2008). Für das nordwestdeutsche Binnenland bzw. für Nordrhein-Westfalen ist es der erste Nachweis. Er wurde von der AviKom NRW und von der Deutschen Avifaunistischen Kommission anerkannt (AviKom 2018, DAK 2018).

Im Jahr 2016 wurden auch im benachbarten Noord-Holland drei Feldrohrsänger gefangen und beringt (8. Juni, 31. August und 3. November) (Haas et al. 2017). In den Niederlanden gibt es mittlerweile bereits 40 anerkannte Nachweise, davon einer sehr früh im Jahr am 13. April (2014), zwei Ende Mai, fünf in der ersten Juni-Hälfte, die Masse aber von August bis Oktober, der bisher letzte am 15./16. Oktober 2018 (https://www.dutchavifauna.nl/species/veldrietzanger).

 

Literatur:

Avifaunistische Kommission der NWO (2017): Seltene Vögel in Nordrhein-Westfalen. LWL-Museum für Naturkunde, Münster.

Avifaunistische Kommission der NWO (2018): Seltene Vogelarten in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016. Charadrius 54: 17-31.

Deutsche Avifaunistische Kommission (2018): Seltene Vogelarten in Deutschland 2016. Seltene Vögel in Deutschland 2016: 2-33.

Haas, M., R. Slaterus, V. van der Spek & CDNA (2017): Rare birds in the Netherlands in 2016. Dutch Birding 39: 363-386.

Shirihai, H. & L. Svensson (2018): Handbook of Western Palearctic Birds Vol. 1. London.

www.dutchavifauna.nl

 

Anschrift des Verfassers:

Michael Klein

Wöstebach 51

48157 Münster