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VdM 08/2013

Der Halsbandschnäpper von Burg Herrnstein

– Der Nachweis vom bird’s race beim Birdrace

Von Jan O. Engler & Stefanie Bussler

Der 4. Mai 2013 stand bei vielen Vogelfreunden rot markiert im Kalender. Es war der Tag der 10. Auflage des bundesweiten Birdraces des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) – und mit 191 Teams das bislang erfolgreichste (Wahl et al. 2013). Bereits Tage zuvor schon wurde jedoch ein „bird race“ der ganz besonderen Art bemerkt: Ein in dieser Form noch nie dokumentierter Einflug von Halsbandschnäppern (Ficedula albicollis) nach Westeuropa.

Am 4. Mai konnten wir einen dieser „bird racer“ im Bröltal an der Burg Herrnstein im Rhein-Sieg-Kreis nachweisen und dokumentieren (Abb. 1). Es handelte sich um ein Männchen, welches uns durch seinen intensiven Gesang auf sich aufmerksam machte. Der Vogel hielt sich in unmittelbarer Nähe einer umgebrochenen Buche auf, deren mächtiger Stamm noch 10-15 Meter hoch in die kleine Lichtung des alten Buchenmischwaldes ragt.

Abbildung 1: Der Halsbandschnäpper von Burg Herrnstein. Foto: Jan Engler

Film 1: Videoaufnahme des Herrnsteiner Halsbandschnäppers (Jan Engler)

Unweit der Burgwiesen hat der umliegende Wald annähernd Urwaldcharakter, da die Bewirtschaftung hier sehr naturnah stattfindet und somit ein hoher Altbaum- und Totholzanteil vorherrscht. Der Vogel konnte über viele Minuten hinweg ausgiebig studiert und mit Videoaufnahmen (Film 1) belegt werden. Mittlerweile gilt dieser Nachweis durch die NWO-AviKom als anerkannt (E. Möller pers. Mitt., www.nwo-avi.com).

Der Halsbandschnäpper ist eine seltene Ausnahmeerscheinung in Nordrhein-Westfalen. Lediglich zehn gesicherte Nachweise sind zwischen 1851 und 1983 bekannt (s. Loske 2012 für eine genaue Auflistung). Erst am 22. April 2013 wurde ein Halsbandschnäpper aus Soest gemeldet, der derzeit noch bei der AviKom in Bearbeitung ist (Stand 1.7.2013). Zusammen mit diesem Vogel sind dies die ersten Nachweise für NRW seit nunmehr über 30 Jahren.

Es wurden jedoch auch andernorts Halsbandschnäpper entdeckt, an denen sie sonst eher unüblich sind. Am deutlichsten machte sich der Einflug in Spanien bemerkbar: Erstaunliche 16 Nachweise gelangen hier zwischen dem 25. und 29. April 2013. Neben zwei weiteren Beobachtungen im Mai (1.5. & 3.5.) sind bislang von dort 18 Nachweise aus diesem Jahr bekannt. Zwischen 1989 und 2010 wurden aus Spanien dagegen „lediglich“ 46 Halsbandschnäpper anerkannt (ø = 2,19 Nachweise pro Jahr, Gutiérrez 2013). Die bisherigen jährlichen Rekordzahlen lagen in Spanien bei acht (1997) und sechs (1992 & 2005) anerkannten Nachweisen.

Der Einflug der Halsbandschnäpper nach Spanien korrespondierte dieses Jahr sehr genau mit der vorherrschenden Großwetterlage, die ebenfalls zu einem markanten Einflug von Steppenweihen (Circus macrourus) in die Region führte (Ollé 2013). Um den 25. April herum befand sich ein ausgedehntes Tiefdrucksystem über den Balearen und sorgte für eine starke und stabile Ostwindlage entlang der spanischen Küste und im Binnenland (Abb. 2).

Abbildung 2: Wettersituation um den 25.4.2013 (Nachgezeichnet von DWD / Met Office). Eine stabile Hochdruckbrücke zwischen Mittel- und Osteuropa, sowie ein ausgeprägtes Tiefdrucksystem südlich der Balearen sorgten für eine markante Ostwindwetterlage. Die kreuzschraffierten Flächen geben das grobe Brutgebiet des Halsbandschnäppers nach BirdLife International & Natureserve (2012) an.

Auf den Balearen, normalerweise ein Hotspot für Seltenheiten (63% der bisherigen Nachweise des Halsbandschnäppers kamen von dort, Gutiérrez 2013), liegt lediglich ein Nachweis vom 29. April vor – wohl aufgrund der schlechten Wetterbedingungen an den Tagen zuvor. Die Wettersituation in Südost-Spanien war jedoch deutlich besser, sodass Nachweise vor allem in den Provinzen Girona und Tarragona gelangen.

Auch in Südfrankreich machte sich der Einflug bemerkbar, wenngleich hier vergleichsweise wenige Beobachtungen gemeldet wurden. Eine Recherche auf Online-Beobachtungsplattformen ergab fünf Nachweise in Südfrankreich zwischen dem 27. April und dem 5. Mai 2013 (http://www.ornithomedia.com; Zugriff am 1.7.2013). Auch aus Belgien und den Niederlanden gelangen einzelne Nachweise (http://www.waarnemingen.nl; Zugriff am 1.7.2013). Die diesjährigen Funde aus den westlich des Brutareals gelegenen Regionen sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3: Verteilung der Nachweise des Einfluges von Halsbandschnäppern Ende April / Anfang Mai. Hellgrau eingefärbte Bezirke stellen zumeist Einzelnachweise dar. Dunkelgrau jene, wo mindestens drei verschiedene Vögel nachgewiesen wurden. In Hellrot ist der Vogel aus Soest (Regierungsbezirk Arnsberg) vom 22.4.2013 hervorgehoben, der sich derzeit (Stand: Juli 2013) noch in Bearbeitung befindet. Dunkelrot gibt den aktuellen Nachweis aus dem Rhein-Sieg-Kreis (Regierungsbezirk Köln) dar. Die kreuzschraffierten Flächen geben das grobe Brutgebiet des Halsbandschnäppers nach BirdLife International & Natureserve (2012) an.

In diesem Zusammenhang ist der Halsbandschnäpper von Burg Herrnstein zeitlich nach dem Einflug nach Spanien sowie den Nachweisen aus Südfrankreich anzusiedeln. Der Vogel könnte somit einer dieser Irrgäste auf dem Weg zurück in die östlichen Brutgebiete gewesen sein. Bei einer Begehung des Gebietes am 1. Mai wurde die Art nicht mehr nachgewiesen. Die gezielte Nachsuche am 5. Mai (H. Schmied & C. Stommel pers. Mitt.) und 6. Mai (J. Engler, D. Stiels & K. Schidelko pers. Beob.) erbrachte keine Hinweise auf den Verbleib des Vogels.

Durch sein kurzes Gastspiel konnte somit die 141. Art, die insgesamt bei einem Birdrace im Rhein-Sieg-Kreis erfasst wurde, vermeldet werden.  Auch wenn wir mit unserem Team beim diesjährigen Birdrace knapp hinter den Kreissiegern blieben, so hatten wir doch unseren ganz eigenen Gewinn.

Danksagung

Wir danken Darius Stiels und Kathrin Schidelko für die Durchsicht des Manuskripts.

Literatur

BirdLife International & Natureserve (2012): Bird species distribution maps of the world. 2012. Ficedula albicollis.

Gutiérrez, R. (2013): Rare birds in spain blog: Invasión de papamoscas collarinos (Ficedula albicollis) en el NE Ibérico a finales de abril de 2013. http://rarebirdspain.blogspot.de/2013/04/invasion-de-papamoscas-collarinos.html (Zugriff am: 25.7.2013)

Loske, K.-H. (2012): Der Halsbandschnäpper von Ehringerfeld. Charadrius 48: 75 – 76.

Ollé, À. (2013): Cifras excepcionales de Aguilucho papialbo Circus macrourus en la Península Ibérica y Baleares durante la migración primaveral de 2013.  http://www.rarebirdspain.net/arbsi042.htm (Zugriff am: 25.7.2013)

Wahl, J., Berlin, K., König, C., Leistikow, A. (2013): Rückblende: Zehn Jahre bundesweites Birdrace. Der Falke 60: 248-249.

Anschrift der Verfasser:

Jan O. Engler

Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig

Adenauerallee 160

53113 Bonn

Stefanie Bussler

Spitzwiesenstrasse 32

90765 Fürth