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VdM 02/2019

Der Iberienzilzalp von Dortmund-Syburg

Von Erich Kretzschmar

 

5. Mai 2018, Tag des fünfzehnten bundesweiten Birdrace: Zum vierzehnten Mal machte sich das Team Buteo1DO – diesmal in der Besetzung Dagmar Uttich, Benjamin Hamann, Robin und Erich Kretzschmar – auf den Weg, mehr als 100 Vogelarten in Dortmund zu sehen. In einer Ruhrgebietsgroßstadt ist das kein leichtes Unterfangen, davon können die Dortmunder Teams, aber auch die der Nachbarstädte ein Lied singen.

Ein absolutes Muss ist dabei der Besuch des Friedhofes in Dortmund-Syburg. Hier im Süden der Stadt, wo wir uns geografisch schon im Sauerland befinden, ist die beste Stelle um alle fünf „Nadelwaldarten“ Tannen- und Haubenmeise, Sommer- und Wintergoldhähnchen und vor allem Waldbaumläufer innerhalb weniger Minuten zu sehen oder zumindest zu hören. Manchmal gelingt auch der Nachweis von Kernbeißer, Misteldrossel oder Sperber neben fast allen häufigen Waldvogelarten und auch singende Erlenzeisige konnten schon zur Brutzeit nachgewiesen werden. Oft fällt hier schon die Vorentscheidung, ob die „100“ erreicht werden oder nicht.

Um 6.10 Uhr fuhren wir zum obligatorischen Stopp auf den Friedhofs-Parkplatz, stiegen aus – und schauten uns verdutzt an. Gerade hatten wir uns noch darüber unterhalten, dass es ja auch schön sei, hier mal einen Gartenrotschwanz oder Trauerschnäpper zu finden und schon sang da ein … ja, was sang da eigentlich (Aufnahme 1, 2)?

Aufnahme 1: Dagmar Uttich 5.5.2018

Aufnahme 2: Stefan Helmer 5.5.2018

Was „Normales“ war das auf jeden Fall nicht. Doch schnell kamen wir auf die richtige Spur. Der Gesangsrhythmus hatte doch irgendwas von einem Zilpzalp. Und dann wurde alles schnell klar: Es war ganz offenbar ein Iberienzilpzalp (Phylloscopus ibericus) (Abb. 1).

Abb. 1 Iberienzilpzalp Dortmund 5.5.2018. Foto: Clemens Siebner

Nachfolgend ein Auszug aus der späteren Meldung an die Avikom:

„Am 5.5.18 um 6.10 Uhr wurde das Birdrace-Team Buteo1DO auf dem Friedhof Dortmund-Syburg auf einen markanten, dort nicht erwarteten Gesang aufmerksam. Ohne den Vogel zu sehen, wurde direkt der Verdacht auf Iberienzilpzalp geäußert, den Erich und Robin Kretzschmar schon gehört hatten (in Marokko bzw. Deutschland). Ein Abspielen einer Gesangsaufnahme bestätigte direkt diese Einschätzung. Inzwischen war der Vogel auch optisch entdeckt worden:

Phylloscopus-Laubsänger Typ Fitis/Zilpzalp in ca. 8 m Höhe; von schräg unten gesehen; sehr helle, fast weiße Unterseite, dunkle Beine, keine Flügelbinden. Prominenter weißlicher Überaugenstreif, schwarzer Augenstreif, gelber Steiß. Auf den direkt gemachten Fotos ist deutlich ein gelber Bereich im Überaugenstreif vor und über dem Auge zu erkennen.

Rufe wurden nicht gehört.

Alle diese Merkmale sind auch im Svensson beschrieben und abgebildet, der Überaugenstreif ist allerdings dort deutlich schmaler gezeichnet.

Durch diese Merkmalskombination zusammen mit dem Gesang gibt es keinerlei Zweifel an der Bestimmung.“

 

Schnell konnten wir das zweite Dortmunder Birdrace-Team DOElstern (Stefan Helmer, Volker Heimel und Michael Soinski) informieren und darüber hinaus auch andere „Birdracer“, gestützt durch Fotos, Ton- und Videoaufnahmen. Allein am 5. Mai konnten mindens 10 Beobachter/innen den Vogel sehen und hören, am nächsten Tag noch einmal mindestens neun weitere.

In der Folgezeit wurde der Friedhof Syburg zum Ziel zahlreicher Vogelbeobachterinnen und –beobachter aus vielen Teilen Deutschlands. Der Iberienzilpzalp verhielt sich ausgesprochen kooperativ und besetzte ein kleines Revier direkt am Friedhofseingang, sang meist sehr ausdauernd, selbst bei Regen, und saß oft niedrig und frei.

Die letzte Beobachtung gelang am 23. Juni (I. Asmus). Damit handelte es sich um den bisher zweitlängsten Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen.

Der Dortmunder Iberienzilpzalp wurde von der Avifaunistischen Kommission NRW anerkannt, es war der fünfte in Nordrhein-Westfalen.

Bisher waren vier Nachweise der Art bekannt (AviKom 2017):

28.4.2000 Stadtwald Hagen (K. Kruse)

7.5. – 3.6. 2000 singendes Männchen Paderaue (Kreis Paderborn) (M. Bellinghausen, P. Gülle, R. Schiek)

26.5. – 24.6. 2001 singendes Männchen Grenzwald Nettetal-Kaldenkirchen (Kreis Viersen) (G. Sennert, R. Wende, H. Thier, M. Berlijn, M. Robb u.v.a.)

5.5. – 2.7. 2006 singendes Männchen Baverter Bachtal Solingen-Ohligs (F. Sonnenburg, H. Lauruschkus, M. Schmitz, T. Krüger, J. Schröder, H. Legge)

Interessanterweise wurde am 17. Juni 2018 ein weiterer singender Iberienzilpzalp aus Monschau (Kreis Aachen) gemeldet, der noch bei der AviKom dokumentiert werden muss. Der Vogel hielt sich dort offenbar bis zum 10. Juli auf. Im Falle der Anerkennung konnten dann erstmals zwei Iberienzilpzalpe gleichzeitig in Nordrhein-Westfalen festgestellt werden.

In Dortmund wurden mit dem Syburger Iberier schon fünf Laubsängerarten nachgewiesen. Neben den Brutvögeln Fitis, Zilpzalp und Waldlaubsänger gibt es auch zwei anerkannte Nachweise von Gelbbrauen-Laubsängern. Darüber hinaus wurden auch zwei Nachweise vom Taigazilpzalp anerkannt.

 

Literatur

Avifaunistische Kommission Nordrhein-Westfalen (2017): Seltene Vögel in Nordrhein-Westfalen. LWL-Museum für Naturkunde, Münster.

 

Anschrift des Verfassers:

Erich Kretzschmar

Potthöferei  42

44388 Dortmund