AviKom der NWO Rotating Header Image

VdM 01/2013

Der Schwarzschnabelkuckuck von Hermülheim

Von Eckhard Möller

Es war am 8. Oktober 1952, als in Hürth-Hermülheim nahe Köln ein seltsamer oberseits bräunlicher Vogel gegen eine Fensterscheibe knallte. Er überlebte zwar den Aufprall, schien allerdings verletzt zu sein. Die Anwohner konnten ihn greifen, rissen dabei aber wohl Schwanzfedern aus und setzen ihn am folgenden Tag in eine Voliere. Mehlwürmer und andere Nahrung sollten ihn kräftigen.

Heinz Bauer aus Brühl holte ihn dann am 12. Oktober ab, um ihn weiter zu pflegen. Trotzdem starb der immer noch nicht identifizierte Vogel in der Nacht vom 13. zum 14. Oktober. Bauer brachte den Körper in das Zoologische Institut der Universität Köln, wo er präpariert wurde. Der Präparator Wettwer stellte dabei fest, dass er total abgemagert war.

Offenbar erst Anfang März 1953 wurde der Balg von Günther Niethammer, damals Ornithologe am Museum Alexander Koenig in Bonn, als Schwarzschnabelkuckuck Coccyzus erythropthalmus bestimmt (Niethammer 1953). Es war zu der Zeit der 5. Nachweis in Europa und der erste in Deutschland. Er wird in der deutschen Artenliste (Barthel & Helbig 2005) in der Kategorie A geführt.

Schwarzschnabelkuckuck Coccyzus erythropthalmus, Museum Alexander Koenig Bonn November 2012. Fotos: (c) Kathrin Schidelko & Darius Stiels

Niethammer stellte anschließend sofort Recherchen an, ob bestimmte Wetterbedingungen in der Zeit vor dem Fund des Kuckucks eine Antlantiküberquerung ermöglicht hatten. Ende September 1952 tobte über dem Westatlantik ein Sturmtief; dann am 5./6. bis zum 8. Oktober wehten Sturmwinde mit 90-100 Stundenkilometern von Westnordwest und Nordnordwest über die Britischen Inseln, die auch das Rheinland erreichten (Niethammer 1953).

Schwarzschnabelkuckucke sind in Nordamerika im südlichen Kanada bis etwa Alberta und in den nördlichen und zentralen USA bis nach Oklahoma im Süden und North Carolina verbreitet. Ihre Überwinterungsgebiete in Südamerika sind noch nicht gut bekannt, sie liegen offenbar von Kolumbien bis West-Venezuela und südlich bis Zentral-Peru (Slack 2009).

Unsere niederländischen Nachbarn, die uns zahlreiche seltene Arten voraushaben, konnten bisher noch keinen Schwarzschnabelkuckuck finden. In ganz Europa einschließlich der Azoren gab es bis etwa 2009 erst etwa 21 Nachweise dieses Amerikaners, 14 davon in Großbritannien (Slack 2009).

Von den 14 britischen Schwarzschnabelkuckucken wurden allein 13 zwischen dem 23. September und 6. November entdeckt, die meisten davon in der zweiten Oktoberhälfte. Nur einer (im 1. Kalenderjahr) wurde früher, nämlich am 29. August 1982 auf St. Agnes/Scilly Islands gefunden (Slack 2009). Der Vogel von 1952 passt also sehr gut in dieses Muster des Auftretens.

Diese Fotos des Schwarzschnabelkuckucks aus dem Koenig-Museum sind offenbar die ersten, die farbig veröffentlicht werden; bisher gab es nur Schwarzweiß-Abbildungen.

Mehr als 60 Jahre sind seit dem Schwarzschnabelkuckuck von Hermülheim bereits vergangen, und er ist bis heute der einzige geblieben. Die Entdeckung des nächsten Atlantikfliegers irgendwann in hoffentlich naher Zukunft wird in Deutschland und darüber hinaus für mächtig Aufregung sorgen – hoffentlich überlebt dann der Vogel die tausende Kilometer Anstrengung…

Danksagung

Mein besonderer Dank geht an Johannes Handwerk und Darius Stiels vom Museum Koenig in Bonn, die in wirklich monatelanger Suche in ein- und ausgelagerten Sammlungsteilen es tatsächlich geschafft haben, den Balg ausfindig zu machen. Dank auch an DS & Kathrin Schidelko für die perfekten Fotos.

Literatur

Barthel, P. H. & A. J. Helbig (2005): Artenliste der Vögel Deutschlands. Limicola 19: 89-111.

Mildenberger, H. (1984): Die Vögel des Rheinlandes, Band 2. Düsseldorf.

Niethammer, G. (1953): Schwarzschnabelkuckuck Coccyzus erythropthalmus (Wilson) in Deutschland. Ornithologische Mitteilungen 5: 101-102.

Slack, R. (2009): Rare Birds Where and When, Vol 1. York.

Anschrift des Verfassers:

Eckhard Möller

Stiftskamp 57

32049 Herford