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VdM 11/2014

Die Schneeeulen von Nordrhein-Westfalen

Von Eckhard Möller

Abb. 1-3 Uitkerke/Belgien Dezember 2008. Fotos: Norbert Uhlhaas

Abb. 4 Uitkerke Belgien Januar 2009. Foto: Ralf Busch

Westfalen endet im Norden knapp hinter dem heute zu Petershagen gehörenden Dorf mit dem interessanten Namen Wasserstraße. Direkt an der Grenze zum benachbarten Niedersachsen befindet sich dort das Naturschutzgebiet Schmiedebruch, ein verlandeter ehemaliger Weserarm. Es war am 10. Januar 1965, als hier E. und W. Kleeberg aus Minden „längere Zeit“ eine Schneeeule Bubo scandiacus beobachten konnten. Später an ihrem Sitzplatz aufgefundenes frisches Gewölle wurde dann sogar in die damalige DDR zu dem Spezialisten Robert März nach Sebnitz in Sachsen geschickt, dessen Buch „Gewöll- und Rupfungskunde“ bis heute ein Klassiker ist. Er bestätigte, dass es eindeutig Gewölle einer Großeule waren (Niermann 1965).

Es war der bis heute letzte dokumentierte Nachweis dieser faszinierenden Eule in Nordrhein-Westfalen und auch der Grund dafür, dass sie in der Artenliste der Vögel von NRW (Herkenrath 1995) in der Kategorie A verzeichnet ist.

Natürlich war es nicht die erste Schneeeule in unserem Bundesland. Mit wenigen Ausnahmen haben alle anderen, die in die Literatur eingegangen sind, ihren Aufenthalt hier nicht überlebt.

Aus frühester Nachweis gilt heute eine Angabe von Bolsmann (1852) von vor 1852 von „den kahlen Borkenbergen“ an der Lippe (heutiger Kreis Recklinghausen) (Peitzmeier 1969).

Möglicherweise war das Datum Herbst 1845 noch früher, als bei Münster „auf offenen Heiden mit Wacholderbüschen“ eine mehrfach gesehen und dann „zufällig“ geschossen wurde (Peitzmeier 1969).

In dem kalten und schneereichen Winter 1858/59 wurden auch an anderen Orten in Deutschland Schneeeulen beobachtet (Droste 1873). Eine wurde auf der Oberförsterei Wünnenberg (Kreis Paderborn) von Witte geschossen (Peitzmeier 1969).

Im Dezember 1889 konnte Jul. Abeler eine bei Ahlen (Kreis Warendorf) beobachten, „die sich ruhig von allen Seiten beschauen ließ“ (Reichling 1932).

Um 1900 schoss Froreich eine Schneeeule bei Pulheim-Stommelen (Rhein-Erft-Kreis), deren Balg später von Otto le Roi inspiziert wurde (Neubaur 1957).

Vor 1905 wurde eine bei Tatenhausen nahe Halle (Kreis Gütersloh) geschossen, die dann offenbar in die Hände des damals bekannten Präparators Koch gelangte (Wemer 1905/06).

Aus den dann folgenden über 60 Jahren gibt es keine weiteren Nachweise von Schneeeulen aus Nordrhein-Westfalen – bis zu der im Schmiedebruch 1965.

Im April 1893 (oder 1894) wurde eine weitere Schneeeule ganz knapp außerhalb der westfälischen Grenze am Nordosthang des Teutoburger Waldes nahe Borgholzhausen, aber auf dem Gebiet des damaligen Kreises Melle/Niedersachsen geschossen. Sie war schon einige Tage vorher in der Umgebung beobachtet worden. Der Balg war in der Rentei des Grafen von Kerssenbrock-Brincke ausgestellt (Reichling 1932).

Im nördlich angrenzenden Niedersachsen konnte Ringleben (in Zang & Heckenroth 1986) ab 1885 mindestens 29 Nachweise aufführen.

In den benachbarten Niederlanden sind bisher 25mal Schneeeulen beobachtet worden. Der älteste Nachweis war im Dezember 1806, der bisher letzte am 16. Februar 2014 (www.dutchavifauna.nl). Interessanterweise gibt es dort genau wie hier bei uns in Nordrhein-Westfalen eine große Lücke zwischen dem 21. Mai 1904 (Hattem/Gelderland) und dem 13. Juni 1965 (Terschelling), für die es bisher keine Erklärung gibt.

Lang, lang ist es her – fast genau fünfzig Jahre. Die Nachricht von der Entdeckung einer Schneeeule irgendwo in NRW würde heute für mächtig Aufregung sorgen…

Literatur

Bolsmann, H. (1852): Verzeichnis der im Münsterlande vorkommenden Vögel. Naumannia 2: 24-38.

Droste, F. (1873): Beiträge zur Vogelfauna von Westfalen und Lippe. Der zoologische Garten 14 (1873): 144-151.

Herkenrath, P. (1995): Artenliste der Vögel Nordrhein-Westfalens. Charadrius 31: 101-108.

Neubaur, F. (1957): Beiträge zur Vogelfauna der ehemaligen Rheinprovinz. Decheniana 110: 1-278.

Niermann, H.-G. (1965): Die Vogelwelt der Staustufe Schlüsselburg und ihrer näheren Umgebung. Mitteilungen des Mindener Geschichts- und Museumsvereins 37: 101-120.

Peitzmeier, J. (1969): Avifauna von Westfalen. Münster.

Reichling, H. (1932): Beiträge zur Ornis Westfalens und des Emslandes. Abhandlungen aus dem Westfälischen Provinziel-Museum für Naturkunde 3 (1932): 307-362.

Wemer, P. (1906): Beiträge zur westfälischen Vogelfauna. Jahresberichte des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst 34 (1905/1906): 58-89.

Zang, H. & H. Heckenroth (1986): Die Vögel Niedersachsens und des Landes Bremen – Tauben bis Spechtvögel. Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen, Sonderreihe B Heft 2.7. Hannover.

Anschrift des Verfassers:

Eckhard Möller

Stiftskamp 57

32049 Herford