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VdM 06/2019

Die Felsenschwalbe von Königswinter

Von Caspar  Jung

Es war am 12. April 2019, als ich nachmittags nur ganz kurz als Einstimmung auf das Wochenende mit dem Fahrrad den Rhein zwischen Bad Honnef und Königswinter (Rhein-Sieg-Kreis) abfahren wollte, um dort die Buhnenfelder abzusuchen und danach noch in den Weinbergen am Drachenfels zu beobachten. Doch aus dem „ganz kurz“ wurde nichts…

Bereits nach kurzer Zeit fielen mir mehrere Trupps von Rauchschwalben auf. Ich suchte nun jeden davon ab und hoffte auf meine ersten Mehlschwalben des Jahres. Diese entdeckte ich dann auch, nachdem ich ungefähr 50 Rauchschwalben durchgemustert hatte. Im nördlichsten Buhnenfeld wartete nun um 16.40 Uhr der letzte und größte Schwalbentrupp mit einer großen Überraschung: Er bestand aus ungefähr 100 Rauchschwalben, 10-20 Mehlschwalben und meiner ersten Uferschwalbe des Jahres – sowie einer Felsenschwalbe (Ptyonoprogne rupestris).

Ich war ziemlich überrascht und dachte erstmal an eine ungewöhnlich gefärbte Uferschwalbe mit braunem Bauch. Doch dann sah ich die weißen Fenster am Schwanz und wusste sofort, dass ich eine Felsenschwalbe vor mir hatte. Ich kenne die Art sehr gut aus Südfrankreich.

Die Felsenschwalbe bei Königswinter flog permanent und ließ sich inmitten der anderen Schwalben leider nicht gut fotografieren. Es konnten jedoch zwei recht schlechte Belegfotos gemacht werden (Abb. 1+2).

Abb. 1+2: Die Felsenschwalbe in Königswinter. Fotos: Caspar Jung 12. April 2019

Um 17 Uhr schrieb ich eine SMS an Darius Stiels, der nur ein paar Straßen von mir entfernt in Bad Honnef wohnt und beobachtete weiter. Vierzig Minuten später kamen Kathrin Schildelko und Darius dazu. Die beiden wollten dort sowieso kurze Zeit später beobachten, da sie an diesem Tag einen Vogelstimmenkurs in dem Bereich leiteten. Kathrin und Darius konnten den Vogel sofort entdecken. Sie verbreiteten die Info an weitere BeobachterIinnen und meldeten die Felsenschwalbe auf ornitho.de.

Auch ich verließ nun nach 80 Minuten den seltenen Gast und machte mich auf den Weg zum Drachenfels. Ich war dort noch nicht angekommen, als mir André Diesel entgegen kam. Auch er entdeckte die Felsenschwalbe sofort. Etwas später konnten Kathrin, Darius und die TeilnehmerInnen des Vogelstimmenkurses die Felsenschwalbe erneut beobachten – immer noch an der gleichen Stelle auf der Höhe des Südrands von Königswinter.

Um 19.10 Uhr flog sie singend auf  der Höhe des Drachenfels über die Stadtbahnlinie 66 und konnte dort von den Kursteilnehmern erneut beobachtet werden. Um 19.35 Uhr konnte ich sie dann letztmalig über mir am Fuß des Rhöndorfer Drachenfels beobachten. Sie flog über der angrenzenden Siedlung und verschwand dann weiter Richtung Süden.

Beschreibung der Felsenschwalbe von Kathrin Schidelko und Darius Stiels:

„Die Flugweise war deutlich von den anderen Schwalbenarten verschieden, u.a. mit längeren Gleitphasen. Insgesamt wirkte der Vogel ungefähr rauchschwalbengroß, deutlich größer als Ufer- und auch kräftiger als Mehlschwalbe. Der Schwanz hatte keine Spieße.

Die Felsenschwalbe fiel auch durch die Färbung auf: Zum einen durch ihre einfarbig graubraune Oberseite (contra Ufer- und Rauschwalbe), zum anderen war der Bauch heller, wirkte aber nicht strahlend weiß wie bei Uferschwalben. Die schwarzen Unterflügeldecken waren ebenso von unten sichtbar wie der dunkle Steiß. Kinn und Kehle waren schwieriger zu erkennen, ein deutliches Brustband fehlte aber. Bei Wendemanövern des Vogels waren bei gespreiztem Schwanz die beim vorherrschenden abendlichen Licht deutlichen silbrig-weißen Fenster auf den Steuerfedern zu erkennen.“

Die Felsenschwalbe von Königswinter wurde von der Avifaunistischen Kommission der NWO als erster Nachweis für Nordrhein-Westfalen anerkannt (www.nwo-avi.com).

Die nächsten Brutplätze befinden sich im Schwarzwald. Dort gibt es seit 2007 Bruten (Kratzer 2015), 2017 waren es 16-19 Brutpaare (Maier 2018). Nördlich der Brutgebiete werden nur sehr selten Felsenschwalben beobachtet. Auf ornitho.de finden sich nur drei weitere Beobachtungen außerhalb von Bayern und Baden-Württemberg:

-24.9.2012 1 Felsenschwalbe Lübben (Spreewald) LDS
-14.9.2014 1 Felsenschwalbe Sylt NF
-4.4.2019 1 Felsenschwalbe Grebenstein KS

In den benachbarten Niederlanden wurden bisher sechs Felsenschwalben beobachtet: Drei im November 2006, eine im Oktober 2009, eine Ende November bis Anfang Dezember 2009 und eine im Oktober 2010 (www.dutchavifauna.nl).

Vielleicht werden sie bei uns auch übersehen (Wer denkt schon im Rheintal in der Nähe von Bonn an Felsenschwalben?). Zwar hatte mir Darius mit Hinweis auf die Beobachtung in Kassel nur eine Woche zuvor noch geschrieben, dass mal eine Felsenschwalbe auftauchen könnte, aber ich hatte das nicht so ernst genommen. Nicht zum ersten Mal wurde ich nun eines Besseren belehrt.

Aufgrund der anhaltenden Ausbreitungstendenz nördlich der Alpen und der zunehmenden Zahl an Nachweisen im nördlichen Mitteleuropa erscheinen weitere zukünftige Beobachtungen von Felsenschwalben in Nordrhein-Westfalen nicht unwahrscheinlich.

 

Literatur:

Kratzer, D. (2015): Bestandsentwicklung der Felsenschwalbe Ptyonoprogne rupestris in Baden-Württemberg von 2007 bis 2015. In: Rau, F., R. Lühl & J.Becht (Hrsg.): 50 Jahre Schutz von Fels und Falken. Ornithol. Jh. Bad.-Württ. 31 (Sonderband): 239–247.

Maier, B. (2018): Bestandsentwicklung der Felsenschwalbe Ptyonoprogne rupestris im südlichen Baden-Württemberg (Deutschland) im Jahr 2017. Die Vogelwelt 138: 123–140.

www.nwo-avi.com

www.dutchavifauna.nl/species/rotszwaluw