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VdM 11/2013

Der Steinrötel von Hückeswagen

von Peter Michel

Es war am 7. Mai 2012 am Rande von Gewerbebrachen in der Nordwestecke des Gewerbegebietes Hückeswagen-Winterhagen (Oberbergischer Kreis), direkt oberhalb der Hofschaft Niederdorp. Ich beobachtete Braunkehlchen bei der Ansitzjagd von Zaunpfählen und –drähten aus.

Aus dem Augenwinkel sah ich plötzlich einen etwa starengroßen Vogel aus den Anpflanzungen (oder von einem Zaun) über eine Wiese in Richtung des ehemaligen Bahndamms fliegen. Er landete dann im oberen Drittel einer der noch nicht ganz ausgegrünten Eichen. Im Gegenlicht erkannte ich nur einen dunklen Vogel mit hellem Rücken und dachte zuerst an einen Kleinspecht.

De Vogel blieb zunächst ruhig sitzen, dann „knickste“ er und zitterte mit dem Schwanz. War es ein Gartenrotschwanz? Doch der weiße Rücken und die Größe? Ich musste also näher heran, doch der Vogel verschwand, ohne dass ich sehen konnte wohin!

Plötzlich saß auf einem Zaunpfahl an einem schmalen Wiesenpfad eine „rote Drossel“! Etwa staren- oder singdrosselgroß mit völlig rotem Bauch und Schwanz. Bevor ich weiter denken konnte, war der Vogel irgendwo im hohen Gras verschwunden. Kurze Zeit später flog er jedoch an mir vorbei und landete auf einem kleinen Ahorn, der die angrenzenden Gehölzpflanzungen überragte.

Dort saß er frei im besten Abendlicht mit Sonnenbeleuchtung – es war ein männlicher Steinrötel (Monticola saxatilis) in voll ausgefärbtem Prachtkleid! Graublauer Kopf und Oberrücken, zwischen Hals und Brust in ein warmes Rot übergehend. Dunkler relativ schlanker langer Schnabel. Völlig orangerote Unterseite, Schwanz wie die Rotschwänze mit dunklem Mittelstreifen. Dunkle Flügel und heller/weißer Mittelrücken.

Später zeigte er sich zusammen mit Steinschmätzern bei der Nahrungssuche am Boden auf den Brachflächen: Sichernd bzw. nach Beute Ausschau haltend hatte er eine extrem aufrechte Körperhaltung. Dann hüpfte er wieder äußerst schnell und in flacher Haltung am Boden. Der Flug war schnell, wellenförmig, spechtähnlich oder am ehesten an einer Misteldrossel erinnernd, mit langen Flügeln und recht kurzem Schwanz. Der weiße Rücken fiel im Flug besonders auf. Sonst hatten die Flügel keine hellen Abzeichen oder Binden. Die Beinfarbe habe ich nicht beachtet; beringt war er jedenfalls nicht.

Der Steinrötel war recht scheu und fast immer in Bewegung. Am Boden konnte ich ihn oft zwischen der Vegetation nicht sehen. Er flog auch über längere Strecken und setzte sich dann vorrangig in noch kahle bzw. nicht voll ausgegrünte Bäume. Lautäußerungen habe ich keine gehört.

Es war mein erster Steinrötel – und das hier in Hückeswagen! Er war wohl mit den Steinschmätzern und Braunkehlchen aus dem Süden gekommen. Leider war er am folgenden Tag zur Enttäuschung einiger Beobachter nicht mehr zu finden.

Fotos 1 und 2: Nicht in NRW, sondern in seinem Bruthabitat: Männlicher Steinrötel im Allgäu/Bayern, Juli 2010. Fotos: Christoph Moning

Das Besondere an dieser Beobachtung war, dass es schon der zweite Steinrötel von Hückeswagen war! Kein anderer Ort in Nordrhein-Westfalen kann sich mit dieser Auszeichnung schmücken! Den Ersten konnten Thomas Herkenrath und Peter Herkenrath am 2. und 3. Mai 1973 hier beobachten (Herkenrath 2007, 2008 – dort auch die sehr wenigen anderen NRW-Daten).

Seitdem gab es in NRW nur einen einzigen weiteren Nachweis eines Steinrötels: Am 20. Mai 1982 konnte Hermann Mattes ein adultes Männchen auf dem Standortübungsplatz Dorbaum bei Münster entdecken (AviKom 2008).

Von den bisher 12 anerkannten Nachweisen bei unseren niederländischen Nachbarn (der erste war 1951) fallen allein 10 in den Zeitraum des Frühjahrszuges zwischen dem 22. April und dem 17. Mai; einer lag etwas später am 2. Juni. Nur ein Nachweis eines Steinrötels ist dort bisher vom Herbstzug bekanntgeworden (26. Oktober 2010) (www.dutchavifauna.nl).

Der Hückeswagener Vogel vom 7. Mai passt daher perfekt in dieses Zeitfenster. Die ersten drei Mai-Wochen sind es also, in denen es im kommenden Jahr zu suchen gilt…

Literatur

AviKom (2008): Seltene Vogelarten in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2007. Charadrius 44: 49-66.

Herkenrath, P. (2007): Verdamp lang her – oder wie es der Steinrötel in Kategorie A der nordrhein-westfälischen Artenliste schaffte. www.nwo-avi.com „Vogel des Monats Dezember 2007“.

Herkenrath, P. (2008): Wie kam der Steinrötel in Kategorie A der nordrhein-westfälischen Artenliste? Charadrius 44: 231-232.

Michel, P. (2012): Beobachtung eines Steinrötels im Gewerbegebiet West 2 – Hückeswagen. Berichtsheft der Arbeitsgemeinschaft Bergischer Ornithologen 59/2: 21-23.

www.dutchavifauna.nl

Anschrift des Verfassers:

Peter Michel

Rosenweg 26

42929 Wermelskirchen