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VdM 04/2018

Der Alpensegler von Minden

Von Gerhard Neuhaus

Seit über 10 Jahren haben Wanderfalken Falco peregrinus den Turm der St. Marienkirche in Minden als Brutplatz (mit Bruterfolg) ausgewählt, wo sie in einer Mauernische ihre Jungvögel großziehen.

Zur Sicherheit vor Steinmardern haben Vogelschützer von der AG Natur Bad Oeynhausen die Mauernischen im Turminnenbereich verkleidet und gleichzeitig mit einer Kontrollklappe ausgestattet. Zur Brutzeit, aber auch bei späteren Turmbesteigungen werden alle sechs Nischen vorsichtig geöffnet und auf Besonderheiten kontrolliert.

Bei einer Besichtigung am 30. November 2017 bestiegen wir den Turm der Marienkirche, um die Möglichkeit von Filmaufnahmen während der Zeit nach dem Schlupf der Jungvögel in 2018 zu prüfen.

Zu unserer großen Überraschung fanden wir, als wir die kleine Klappe zu der Brutnische öffneten, mitten im Bild Reste eines uns nicht sofort bekannten Vogels. Er hatte sehr lange schmale Flügel, Zehen nahezu „ohne Beine“ und – einen reinweißen Bauch. Es war ganz klar ein Segler, und zwar ein Alpensegler Apus melba (Abb. 1-5). Das war eine Riesenüberraschung, mit der niemand gerechnet hätte.

Abb. 1-5 Der Alpensegler von Minden. Fotos: Gerhard Neuhaus, November 2017

Die beiden wesentlichen Jagdtechniken der Wanderfalken auf fliegende Vögel sind der Steilstoß aus großer Höhe und der Flachstoß von einer Warte. Beim Steilstoß kreist der Falke in größerer Höhe und wartet auf Vögel, die unter ihm entlang fliegen. In gleicher Weise muss es sich im Sommer 2017 über der Stadt Minden zugetragen haben, als ein Alpensegler auf Irrwegen den nordwestfälischen Luftraum überflog und Opfer der dort ansässigen Wanderfalken wurde.

Es ist der erste Alpensegler, der in Westfalen „am Boden“ gefunden wurde; die anderen drei waren Sichtbeobachtungen (Peitzmeier 1969, AviKom 2017). Im Landesteil Rheinland ist 1907 bei Duisburg einer geschossen (!) (le Roi & Geyr von Schweppenburg 1912) und 2006 einer im Raum Aachen geschwächt gefunden worden, dazu noch zwei Beobachtungen. Der Mindener Alpensegler war damit erst der achte in Nordrhein-Westfalen.

Die bisher vorliegenden NRW-Daten reichen vom 14. Mai bis 29. Oktober.

Der Nachweis wurde von der Avifaunistischen Kommission der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft anerkannt (www.nwo-avi.com).

Die mumifizierten Reste des Mindener Alpenseglers werden der Sammlung des LWL-Museums für Naturkunde in Münster übergeben.

Literatur

Avifaunistische Kommission der NWO (2017): Seltene Vögel in Nordrhein-Westfalen. Münster.

Peitzmeier, J. (1969): Avifauna von Westfalen. Münster.

le Roi, O. & H. Geyr von Schweppenburg (1912): Beiträge zur Ornis der Rheinprovinz. Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der Preußischen Rheinlande und Westfalens 69: 1-150.

Anschrift des Verfassers:

Gerhard Neuhaus

Bliefterningweg 17

32425 Minden-Minderheide